Auf allen Ebenen, mit allen Mitteln: Naziaufmarsch am 1. Mai in Mannheim verhindern!

d722f2a14a84b7ad8053262f61a6106b_1Am 1. Mai ruft die NPD, un­ter­stützt von so ge­nannten „freien Ka­me­rad­schaf­ten“ zu einer De­mons­tra­tion in Mann­heim-Neckarau auf. Unter dem Motto „Raus aus dem Euro“ wollen sie ihre ras­sis­ti­sche und na­tio­na­lis­ti­sche Ideo­logie der „Volks­ge­mein­schaft“ pro­pa­gieren. An­ti­fa­schis­ti­sche Gruppen rufen zum Wi­der­stand gegen den Na­zi­auf­marsch auf.

Alles Lüge: Nazis ma­chen auf an­ti­ka­pi­ta­lis­tisch

Der 1. Mai ist seit Ende des 19. Jahr­hun­derts der Kampftag der Un­ter­drückten und Aus­ge­beu­teten auf der ganzen Welt. Zu diesem An­lass gehen Mil­lionen Men­schen gegen ka­pi­ta­lis­ti­sche Zu­mu­tungen und für ein bes­seres Leben auf die Straße.

Auch die Nazis rufen an diesem Tag immer wieder zu Auf­mär­schen auf, dabei be­tonen sie die Ein­füh­rung des 1. Mai als „Tag der deut­schen Ar­beit“ durch die NSDAP 1933. Dabei geben sie sich zwar „re­vo­lu­tio­när“, doch stellen sie die grund­le­genden Funk­ti­ons­weisen dieser Ge­sell­schaft kei­nes­wegs in Frage. Statt­dessen ver­su­chen sie, die un­mensch­li­chen und zer­stö­re­ri­schen Aus­wir­kungen der ka­pi­ta­lis­ti­schen Herr­schaft mit ihrem An­ti­se­mi­tismus zu er­klären. Wäh­rend sie das deut­sche Ka­pital als „der Volks­ge­mein­schaft dien­lich“ sehen, un­ter­stellen sie dem in­ter­na­tio­nalen Ka­pital wahl­weise jü­disch oder ame­ri­ka­nisch ge­lenkt und somit „volks­schäd­lich“ zu sein. Dass das Ka­pital, ob deutsch, ame­ri­ka­nisch oder sonst­woher immer nur auf seine Ver­meh­rung ab­zielt, ver­stehen die Nazis nicht.

Dieser fal­sche, an­ti­se­mi­ti­sche An­ti­ka­pi­ta­lismus er­mög­lichte ihnen die Ari­sie­rung jü­di­scher Un­ter­nehmen zu­gunsten deut­scher Ka­pi­ta­list_innen. In diesen Un­ter­nehmen konnte dann wei­terhin un­ge­stört Mehr­wert aus den Ar­beiter_innen ge­presst und die Ar­beits­hetze im Laufe der Zeit mehr und mehr ver­schärft werden.

Die Ideo­logie der Nazis for­dert heute wie ges­tern die to­tale Un­ter­ord­nung von Gruppen und In­di­vi­duen unter die deut­sche „Volks­ge­mein­schaft“. Frei­heiten, Rechte und In­ter­essen gehen dabei zwangs­weise ver­loren. 1933 haben die Nazis alle Or­ga­ni­sa­tionen der Ar­beiter_in­nen­klasse zer­schlagen, das Streik­recht und an­dere bür­ger­liche Frei­heits­rechte ab­ge­schafft. Das Mo­dell der „Volks­ge­mein­schaft“ ist nichts als ein ras­sis­ti­sches Aus­schluss- und Hier­ar­chi­sie­rungs­prinzip, in dem nur Platz hat, wer den Vor­stel­lungen der Nazis als nütz­li­cher Deut­scher ent­spricht. An­geb­lich Ar­beits­un­wil­lige wurden im NS-Re­gime als „Aso­ziale“ stig­ma­ti­siert und mussten Zwangs­ar­beit leisten, Be­hin­derte zwangs­ste­ri­li­siert, Jüd_innen, Sinti, Roma, Ho­mo­se­xu­elle und po­li­ti­sche Gegner_innen wurden mil­lio­nen­fach ent­eignet und er­mordet. Die Kriege der Nazis kos­teten mehr als 60 Mil­lionen Men­schen das Leben und legten Eu­ropa in Schutt und Asche. Das ein­zige, was die Nazis von heute daran be­dauern, ist ihre Nie­der­lage.

Ras­sismus der Mitte

Sehen wir uns heu­tige Ge­sell­schafts­stu­dien an, müssen wir fest­stellen, dass die fa­schis­ti­sche Ge­fahr auch jetzt mit­nichten ge­bannt ist. Vor allem die Angst vor “Fremden” und “An­deren” oder das De­le­gieren von Pro­blemen an ir­gend­welche Ob­rig­keiten und Au­to­ri­täten sind mehr­heits­fä­hige Po­si­tionen in der ka­pi­ta­lis­ti­schen De­mo­kratie des Jahres 2012. Wenn solche Ein­stel­lungen in der Ge­sell­schaft ver­treten werden, dann finden sich auch Par­teien, die ent­spre­chende Wahl­ver­spre­chen ab­geben – wer hier nur an die NPD denkt, ver­kennt das rechte Po­ten­tial an­derer Par­teien. Hier sei nur an die fak­ti­sche Ab­schaf­fung des Asyl­rechtes 1993 erin­nert, be­för­dert durch ras­sis­ti­sche Stim­mungen und Aus­schrei­tungen.

Für uns zeigt sich des­halb, dass es nicht aus­reicht, die­je­nigen zu be­kämpfen, die sich offen zum Na­tio­nal­so­zia­lismus be­kennen. Viel­mehr muss sich das ge­sell­schaft­liche Klima wan­deln, in wel­chem Ras­sismus, An­ti­se­mi­tismus und Kon­kur­renz­denken ge­deihen. Eine Ge­sell­schaft, in der ka­pi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­weisen ab­ge­schafft und Na­tio­nal­staaten über­flüssig sind, ist letzt­lich die ein­zige Mög­lich­keit, fa­schis­ti­schem Denken den Nähr­boden zu ent­ziehen.

Ex­tre­mis­mus­quatsch und Be­kennt­nis­zwänge

Wenn men­schen­feind­liche Po­si­tionen also durchaus mehr­heits­fähig sind, ist es grund­sätz­lich falsch, die „Ge­fahren für die De­mo­kra­tie“ an den an­geb­lich äu­ßeren Rän­dern der Ge­sell­schaft zu ver­orten. Dass ge­rade die „Mitte“ der Ge­sell­schaft von ras­sis­ti­schen Vor­ur­teilen und Ein­stel­lungen ge­prägt ist und so ein ras­sis­ti­sches Klima her­vor­bringt, wird bis heute mit Hilfe der Ex­tre­mis­mus­theorie ver­ne­belt. Als Ne­bel­kerze dient das Huf­ei­sen­mo­dell: Die Enden des Huf­ei­sens sollen dabei ex­tre­mis­ti­sche linke und rechte Ränder der Ge­sell­schaft dar­stellen, die von einer „de­mo­kra­ti­schen Mitte“ ab­wei­chen und sie be­drohen. Ras­sis­ti­sche und an­ti­se­mi­ti­sche Vor­ur­teile, die sich durch alle ge­sell­schaft­li­chen Schichten und po­li­ti­schen Lager ziehen, werden so gänz­lich aus­ge­blendet.

Bei­spiel­hafter Aus­druck dieses Den­kens ist die „An­ti­ex­tre­mis­mu­s­er­klä­rung“, mit der linke und an­ti­fa­schis­ti­sche Pro­jekte immer häu­figer kon­fron­tiert und da­durch in ihrer Ar­beit ein­ge­schränkt werden. Dass je­doch ge­rade diese Ar­beit drin­gend auch in der Rhein-Neckar-Re­gion ge­braucht wird, zeigt ein Blick auf die lo­kalen Struk­turen der Nazis.

Län­der­über­grei­fendes Netz­werk: NPD und Ka­me­rad­schaften in der Rhein-Neckar-Re­gion

Die Nazis ver­fügen zu­min­dest in Mann­heim weder über starke Struk­turen noch über großen Rück­halt in der Be­völ­ke­rung. Für die Stadt zu­ständig ist der NPD-Kreis­ver­band Rhein-Neckar. Dessen Vor­sit­zender Jan Jaeschke (Wein­heim) über­nahm den Posten 2011 von seinem Vor­gänger An­dreas Schäfer (Mann­heim-Her­zo­gen­ried), der sich nach an­ti­fa­schis­ti­schen Pro­testen aus der Öf­fent­lich­keit zu­rückzog und nur noch im Hin­ter­grund für die Partei aktiv ist. Der NPDler Silvio Wald­heim (Mann­heim-Rheinau) be­müht sich, dem Kreis­ver­band ein Ge­sicht zu geben, kan­di­diert (er­folglos) bei Wahlen und ver­fasst wirre Kom­men­tare für die Partei-Web­site. Neu in der Truppe ist Se­bas­tian Fluder (Il­ves­heim), Ver­trauter des Kreis­vor­sit­zenden. Fluder fiel in den letzten Mo­naten durch die An­mel­dung von NPD-Ver­an­stal­tungen in der ganzen Re­gion auf. In Neckarau, dem Auf­mar­schort am ersten Mai, wohnt Frank Heimer, der sich „Brauch­tums­be­auf­trag­ter“ der NPD nennt und bei Fa­ce­book mit den Worten: „dieses Jahr haben wir in Mann­heim zu zeigen, das [sic!] es noch einen na­tio­nalen So­zia­lismus gibt“ auf­ruft.

Die NPD führte in Mann­heim in den letzten Jahren le­dig­lich kleine Ak­ti­vi­täten, wie Flug­blat­tak­tionen und nicht-öf­fent­liche Ver­an­stal­tungen an ge­heimen Orten durch.

Neben der NPD gibt es in Mann­heim viele ver­ein­zelte Nazis, die durch Pö­be­leien und ras­sis­ti­sche Über­griffe auf­fallen. Der Mu­siker Ma­nuel Jakob (Mann­heim-Lu­zen­berg) ist Front­mann der Nazi-Band „Auf­bruch“, die bun­des­weit und in­ter­na­tional Kon­zerte für die rechte Szene gibt. Der Tä­to­wierer Marco Ber­linghof, ein be­ken­nender Nazi aus dem Raum Sins­heim, ar­beitet seit ei­niger Zeit im „Magic Tattoo & Pier­cing“ Studio in E2,10. Die Na­tio­nal­so­zia­listin Sa­bine Rasch (Mann­heim-Kä­fertal) sorgte 2010 durch ihre Ein­träge in In­ter­net­foren bun­des­weit für Auf­sehen, weil sie Fotos von selbst­ge­ba­ckenen Ha­ken­kreuz­torten und An­lei­tungen für die ge­tarnte Un­ter­wan­de­rung von El­tern­bei­räten und Schüler_in­nen­ver­tre­tungen wei­tergab.

Der Stadt­teil Neckarau ist von den Nazis nicht zu­fällig als Auf­mar­schort für den 1. Mai ge­wählt worden. Hier wohnen ei­nige Nazis, ver­teilen Flug­blätter und kleben Auf­kleber in der Nach­bar­schaft. Im Bistro Rhein­gold treffen sich re­gel­mäßig Nazis zum Feiern, Grölen und Pö­beln. In scheinbar si­cherer Ent­fer­nung zur In­nen­stadt ver­su­chen sie po­li­ti­schen Ein­fluss zu ge­winnen.

Ihre Ge­fähr­lich­keit stellten Nazis aus dem Ka­me­rad­schaftss­pek­trum unter Be­weis, als sie am 17.01.09 ein Be­klei­dungs­ge­schäft in der Mann­heimer In­nen­stadt über­fielen und ver­wüs­teten. Die An­ge­stellten konnten sich in letzter Se­kunde vor den mit Ketten und Ba­se­ball­schlä­gern be­waff­neten Nazis in Si­cher­heit bringen. Am Über­fall be­tei­ligt waren vor allem aus­wär­tige Nazis.

Auf der an­deren Seite des Rheins ist die rechte Szene besser auf­ge­stellt. In Lud­wigs­hafen ar­beiten NPD und Ka­me­rad­schaften eng zu­sammen, über­schneiden sich oft sogar per­so­nell. Das „Ak­ti­ons­büro Rhein-Neckar“, ein Neo­nazi-Netz­werk unter der Füh­rung des Ka­me­rad­schafts­funk­tio­närs Matt­hias Herr­mann (ehe­mals Lud­wigs­hafen, jetzt Hass­loch), ist Aus­gangs­punkt der meisten Ak­ti­vi­täten in dieser Re­gion. Dazu zählen Auf­mär­sche, Schu­lungen, Pro­pa­gan­daak­tionen, Ju­gend­ar­beit und Über­griffe auf Mi­grant_innen und po­li­ti­sche Gegner_innen. Die sich über­schnei­denden Struk­turen von „Ak­ti­ons­büro“ und NPD Rhein­land-Pfalz sind auch für die ge­plante Demo am 1. Mai in Mann­heim ver­ant­wort­lich. Gegen diese an­hal­tenden Ak­ti­vi­täten findet im April eine an­ti­fa­schis­ti­sche Kam­pagne des „Bündnis La­den­schluss“ unter dem Motto „Schöner Leben ohne Na­zis“ in Lud­wigs­hafen statt. Mann­heimer An­ti­fa­schist_Innen be­tei­ligen sich daran.

NPD in Mann­heim bis­lang mit wenig Er­folg

Der letzte große Auf­marsch der NPD in der Mann­heimer In­nen­stadt sollte 2001 statt­finden. Doch hun­derte An­ti­fa­schist_innen ver­hin­derten diesen er­folg­reich. Im fol­genden Jahr wi­chen die Nazis auf Lud­wigs­hafen-Mun­den­heim und Mann­heim-Se­cken­heim aus. Auch hier gab es mas­sive Ge­gen­pro­teste. Eine Kund­ge­bung des NPD-Kreis­ver­bandes Rhein-Neckar 2004 vor den US-Ka­sernen in Blu­menau wurde zur Lach­nummer, als die Nazis iso­liert ihre Reden ohne Pu­blikum ab­hielten und nach An­griffen von An­wohner_innen und An­ti­fa­schist_innen mit Bles­suren und Blech­schäden an ihren Autos die Heim­reise an­treten mussten. Ein bun­des­weiter Groß­auf­marsch wurde 2006 be­reits im Vor­feld durch Ge­richte ver­boten.

Seitdem haben sie sich nur noch heim­lich nach Mann­heim ge­traut, zu einer kon­spi­rativ or­ga­ni­sierten So­li­da­ri­täts­demo für den Ho­lo­caust­leugner Ernst Zündel 2006 oder im April 2008 unter Füh­rung des „Ak­ti­ons­büro Rhein-Neckar“ zu einer Kund­ge­bung am Pa­ra­de­platz.

Vor­bild 2001: Lasst uns die Nazis blo­ckieren!

Damit ist uns ein erster Er­folg be­reits ge­lungen: Seit 2001 konnten die Nazis keine grö­ßeren Ver­an­stal­tungen in der Mann­heimer In­nen­stadt durch­führen und auch in diesem Jahr müssen sie in an­dere Stadt­teile aus­wei­chen. 2012 rufen wir wieder dazu auf, den Na­zi­auf­marsch auf allen Ebenen und mit allen Mit­teln zu ver­hin­dern. Unser Vor­bild sind die an­ti­fa­schis­ti­schen Ak­tionen vor elf Jahren. Da­mals ge­lang es den Mann­heimer An­ti­fa­schist_innen einen Marsch der NPD zu stoppen. Wäh­rend Mi­li­tante an ver­schie­denen Orten Bar­ri­kaden er­rich­teten, for­mierte sich auf der Route eine große Sitz­blo­ckade. Hun­derte An­ti­fa­schist_innen aus den un­ter­schied­lichsten po­li­ti­schen Spek­tren stellten sich ge­meinsam und so­li­da­risch den Nazis ent­gegen. Po­lizei und Ord­nungs­be­hörden räumten der NPD nicht den Weg frei. Statt­dessen to­le­rierten sie die Blo­ckade und schickten die Nazis nach Hause.

Aufruf an die RNV und DB: Keine Son­der­bahnen und -busse für Nazis!

Im Rahmen von NPD-Auf­mär­schen in den letzten Jahren haben Ver­kehrs­be­triebe den Nazis häu­figer Son­der­busse oder -bahnen zur si­cheren An- oder Ab­reise zur Ver­fü­gung ge­stellt. Das ist ein Skandal! Wir finden es un­tragbar, dass Nazis zu sol­chen An­lässen immer wieder von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­be­trieben her­um­kut­schiert werden. Wir for­dern ins­be­son­dere die Rhein-Neckar-Ver­kehr GmbH und die Deut­sche Bahn AG dazu auf, die Nazis bei ihren Pro­pa­gan­daak­tionen nicht zu un­ter­stützen.

Auf nach Mann­heim! Auf in den Süden!

Kommt am 1. Mai nach Mann­heim und ver­hin­dert mit vielen an­deren An­ti­fa­schist_innen den Auf­marsch der Nazis! Lasst uns der NPD einen heißen Emp­fang be­reiten. Macht Wer­bung bei euren Freund_innen, in der Schule, in der Uni, im Be­trieb und in den Ver­einen. Ge­meinsam können wir es schaffen!

Treff­punkt für An­ti­fa­schist_innen

Ge­mein­same De­mons­tra­tion, 9 Uhr, Ge­werk­schafts­haus
Da­nach an­ti­fa­schis­ti­sche Ak­tionen im Mann­heimer Süden

Alle wich­tigen Infos zum 1. Mai in Mann­heim gibt es hier.


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